Mal ein paar Gedanken von jemanden, der schon seid zwei Jahrzehnten jeden Tag mit den Wölfen "zwangskuschelt"
Ich lebe in Värmland, und dort in dem Hauptkonzentrationgebiet für Wölfe, ich lebe praktisch mit Ihnen auf per "DU". Täglich Spuren auf meinem Grundstück, manchmal keine 10 m von meinem Wohnhaus Pfotenabdrücke im Schnee. Ich schicke ab und an mal Kotproben ein, die ich an unterschiedlichen Stellen bei mir im Wald finde, damit die genetischen Analysen der Behörde damit aufdatiert werden können. Also für mich ein inzwischen recht bekanntes und alltägliches Prozedere mit Wölfen zu leben und geniesse es sehr, sie Abends in einer eiskalten sternenklaren Nacht heulen zu hören.
Das Thema Wölfe wird immer sehr heiss gekocht und mit unendlich viel Polemik belegt. Doch es ist auf den zweiten Blick nicht alles so leicht zu be- und verurteilen, wie es im ersten Moment erscheint.
Mal ein paar Tatsachen:
- die Wölfe sind tatsächlich nur auf einer sehr kleinen Fläche in Schweden "erlaubt" nämlich überall da nicht, wo es zuviele Menschen gibt und das fängt bei allen Ländern südlich von Värmland an und auch nicht in den Rentierzuchtgebieten. Das heiss dass das gesamte nördliche Schweden für Wölfe tabu ist. Ab Darlarna im Idre-Fjäll ist es praktisch schon vorbei mit Lustig für den Wolf und die Samen (Lappen) haben normalerweise das Recht sich Wölfe vom "Hals" zu schaffen, die sich bei Ihnen verirren. Manchmal werden die Tiere auch eingefangen, wenn sie seltene DNA aufweisen. Also ein klassischer Konflikt zwischen zwei Naturlebenden nämlich den Wölfen und dem "Naturvolk" den Samen. Und die Samen kämpfen sehr aktiv und selbstbewusst für Ihre Rechte hier in Schweden.
- Die nächste Gruppe Wölfe, die durch Lizensjagd geschossen werden sind auffällige Tiere wie z.B. der Wolf, der vor zwei Jahren in einer Nacht 48 Schafe riss.(Leider haben Wölfe den Instinkt ähnlich Mardertieren solange zu jagen, bis das Wild erlegt ist, das hat dann nichts mehr mit Hunger zu tun sondern der Jagdreflex wird im Blutrausch durch Bewegung immer neu aktiviert) darum manchmal auch schwerstes Gemetzel auf Weiden.Im Gegensatz zu der hier im Forum geäusserten Meinung sind es tatsächlich Wölfe und keine Hunde, denn es werden DNA-Texts an den gerissenen Tieren genommen. (Im übrigen helfen da auch nicht immer die von den Landwirten aufgesetzten Wolfsschutzzäune) Auffällige Tiere, die auf den Geschmack gekommen sind und anstatt schwierige Waldbeute zu jagen nun auf leichtes Wild nämlich Weidetiere gehen, werden erschossen - leider will keiner die Wölfe haben sonst könnte man sie ja auch fangen. Nur ein paar Zahlen: im letzten Jahr wurden über 300 Schafe und einige Rinder und Pferde bei uns von Wölfen gerissen.
-Ein drittes Problem, warum die Regierung bis heute hartnäckig an der Wolfsjagd festhält ist tatsächlich die Nähe zu den Menschen.
Wölfe haben sehr grosse Reviere, darum täuscht es ein wenig wenn man meint hier in Schweden wäre doch so viel Natur, mit aussreichend Platz für Wölfe. Leider finden das nur die Menschen, aber nicht die Tiere. Wölfe haben einen sehr grossen Bedarf an jagdbaren Wild, ein Familienrudel kann manchmal für seine heranwachsenden Welpen täglich bis einmal wöchentlich einen Elch reissen. Reste der Beute bleiben meistens im Wald liegen und werden von anderen Aasfressern verbraucht. Dieses kann zu einem kompletten Plündern eines Wolfrevieres an einigermassen jagdbaren Wild führen. Das ich nicht übertreibe zeigen Abschüsse der Elchjagd vom vorigen Jahr wo im benachbarten Jagdrevier nur noch ein einziger Elch geschossen wurde weil einfach keine da waren. Nun ist das ein ganz normaler Zyklus in der Natur, die Wölfe wandern normalerweise weiter und die Elchpopulation würde sich wieder erholen. Und irgendwann wären dann auch die Wölfe wieder da. Hier bekommt man natürlich auch eine kleine Vorstellung warum Jäger Wölfe hassen, Jagd ist hier bei uns nicht nur Spass sondern natürliche finanzielle Grundlage vieler Waldbewohner. Ein ansässiges Wolfrudel kann in einem Jagdgebiet einen geschätzten finanziellen Schaden von 20000-60000 Euro Jährlich verursachen. Und da man heute auch wegen jeder popeligen Lohnerhöhung streiken darf und damit der Wirtschaft einen riesigen Schaden zufügen kann, denke ich, dürfen Jäger auch mal ein bisschen meckern - denn entgegen der herrschenden Meinung ist es fast unmöglich Wölfe illegal abzuschiessen. (Ich kann dieses Thema ja etwas neutraler beobachten weil ich es mir finanziell erlauben kann und meine Elche nur selten geschossen werden, doch das Privileg haben hier in der Gegend nicht viele)
Wenn ein Jagdgebiet von den Wölfen gelehrt wurde bedeutet das normalerweise in der Praxis, das diese aus den tiefen Wäldern Värmlands an die Randgebiete wandern, immer der Beute nach doch da beginnen auch die menschlichen Siedlungen. Und schon fängt der eigenliche Stress an. Die 40 geschossenen Wölfe vom Vorjahr kommen fast alle aus diesen Bereichen.
- Tja und da haben wir das wirkliche Problem,die Sympatie mit dem Wolf steigt scheinbar mit dem Quadrat der Entfernung.
Ein wenig amüsiert sehe ich wie hektisch der Mensch wird, wenn denn doch mal ein Wolf über die Anlagen des ortsansässigen Kindergarten schleicht. Oder sich gar in Stockholm verlaufen hat. Dabei wird doch immer gesagt, Wölfe sind soooo scheu (kann ich nur bestätigen!!) Das Thema ausrottungsgefährdete Wölfe wäre natürlich binnen kürze erledigt, wenn wir diesen armen Tieren tatsächlich mal etwas Nahrung und Lebensraum in den von Ihnen erwählten Vorgärten gönnen würde. Also im Ernst durch Autos werden mehr Menschen getötet als durch Wölfe. Wenn mir mein Nachbar in allen Einzelheiten schildert,wie sein Hund, der eigentlich Abends nur kurz mit raus lief und keine 30 m von ihn von einem Wolf geschnappt wurde bin ich natürlich auch tief berührt. Das jämmerliche Gejaule, was sein Liebling dabei angeblich von sich gegeben hat ist aber ja nüchtern betrachtet nur ein Zeichen der Angst was ja auch jedes Wildtier empfindet, wenn es zerrissen wird. Gehört also zum Spiel der Nahrungsgewinnung dazu. Und bloss weil ich dieses Fellknäul meines Nachbar gut leiden konnte ist er in den Augen eines Wolfes eben nichts anderes als ein Stück Fleisch. Ach ja mein eigener Hund lebt noch, der geht brav bei Fuss