Um mal kurz vorweg zu schicken: ich halte diese ganze Diskussion für absurd. Ich bin in diesem Forum nicht anonym, was aber nur mit der ursprünglichen Motivation zu tun hat, hierher zu kommen, weswegen eine Anonymität nicht in Frage kam. Hätte es diese Vorbedingung nicht gegeben, wäre ich hier aber genauso anonym wie viele andere auch. Dies ist das Internet. Genausowenig wie ich meinen Namen angeben muss, um im Supermarkt einzukaufen, muss ich in einem Internetforum meine Identität preisgeben. Biographische und persönliche Details herauszulassen hat nur den Nebeneffekt, dass Leute einen in irgendwelche Kategorien stecken und sich in ihrem Verhalten nur an dieser Kategorisierung ausrichten. Ich wüsste keinen einzigen Fall, wo dies zu einem positiven Effekt geführt hätte.
Ich durchlaufe mal die Anforderungen, die torsten1 da stellst.
torsten1 hat geschrieben:
Wie heißt der Absender?
Dies dient allenfalls dazu, sich eine wilde Vorstellung davon zu machen, mit wem man etwas zu tun hat. Die Nennung von Namen hat diskriminierende Nebeneffekte. Menschen mit ausländisch klingenden Namen werden trotz gleicher Qualifikation bei Bewerbungsverfahren öfter abgelehnt.
Ist es zur Einordnung der Aussagen wichtig, ob jemand Franz oder Mehmet heißt?
Welches Geschlecht hat der Absender?
Im Sinne der jämställdhet sollte dies von keinerlei Relevanz sein! Dem Gegenüber irgendwelche Attribute wegen des Geschlechts zuzuschreiben ist vorurteilend.
Wie alt ungefähr ist der Absender?
Das Alter ist nach meiner Erfahrung bei vielen Leuten eine beliebte Methode, um einem Diskutanten zu begegnen, für den man keine guten Argumente mehr hat. Älter machen kann sich der jüngere ja nicht. Manche Menschen macht das Alter weise, andere nicht. Das Alter sagt daher nicht das geringste aus.
Wir sind hier alle erwachsene Menschen. Jenseits dessen gibt es keinerlei relevanten Kategorien.
Wie gesund ist der Absender?
Wie zufrieden ist der Absender?
Das sind Schwurbelkategorien. Geistig gesund, körperlich gesund? Welche Relevanz haben meine Nierensteine für eine Diskussion hier?
Was ist denn bitteschön "zufrieden" ? Soll jemand einen psychologischen Fragebogen ausfüllen, um seine Zufriedenheit einzuordnen?
Welche Probleme hat der Absender?
Mal ehrlich: welchen Menschen ich eventuelle Probleme offenbare, suche ich mir immer noch selbst aus. Alle anderen geht das auf gut deutsch einen Sch... an.
Welchen Beruf hat der Absender?
Auch eine Kategorie, die nur Vorurteile schürt.
Welchen Bildungsgrad hat der Absender?
Welche Relevanz soll das haben? Muss ein Hauptschüler automatisch weniger im Kopf haben? Das kannst du wohl nicht allen Ernstes meinen.
Wie seriös oder ehrlich ist der Charakter des Absender?
Welche sonstigen Persönlichkeitsmerkmale besitzt der Absender?
Manche Leute entdecken bei anderen selbst nach vielen Jahren der Freundschaft noch neue Wesenszüge. Das Internet kann diese zwischenmenschlichen Dinge ohnehin nur unzureichend abbilden. Der zwanghafte Versuch, dies zu tun, kann nur zu verzerrten Ergebnissen führen.
Welche Motive hat der Absender für seine Teilnahme an der betr. Kommunikation?
Auch hier ist die Relevanz kaum einzusehen.
Welches Einkommen oder Vermögen besitzt der Absender?
Auch hier ein diskriminierender Faktor. Was glaubst du? Bin ich ein reicher Schnösel oder ein armer Schlucker? Und wozu soll dies dienen, wenn du das weißt?
In Deutschland ist die Frage nach Einkommen und Vermögen ungefähr so persönlich wie die Frage nach sexuellen Vorlieben. Wenn du das allen Ernstes wissen möchtest, musst du dich warm anziehen.
Wie sympathisch oder unsympathisch wäre mir der Absender bei einer persönlichen Begegnung? Und und ...
Dies ist unmöglich über das Internet zu beurteilen.
ACHTUNG! Bitte nicht missverstehen, ich fordere natürlich nicht, dass jede Kommunikation all diese Aufgaben erfüllen soll. Aber das eine oder andere der o.g. Merkmale muss auch Kommunikation im Internet aufweisen, damit ich mich wohlfühle. Wenn ich das Gefühl habe, es nur mit einer Ansammlung von schwarzen Buchstaben zu tun zu haben, dann lese ich lieber Zeitung.
Das eine oder andere wäre ja noch nachzuvollziehen.
Jedoch sind die Dinge, die du hier beschreibst, fast durchgehend:
1. von diskriminierender Natur
2. über das Internet kaum feststellbar
3. selbst im persönlichen Kontakt und bei guter Bekanntschaft nicht hinreichend einsehbar
4. von fragwürdiger Relevanz
Auch ein Streitgespräch in einem Forum kann solch' emotionale Bedürfnisse befriedigen, selbst wenn es dabei auf ein Übergewicht negativer Emotionen hinausläuft. Aber die emotionale Beteiligung ist eben so wichtig, dass das Bedürfnis danach wahrscheinlich sogar Konflikte fördert, wenn die Situation keine andere Möglichkeit emotionaler Teilhabe anbietet.
Es wäre in diesem Forum in letzter Zeit ausgesprochen wünschenswert, wenn die Teilnehmer sich mit den Inhalten auseinandersetzen würden anstatt nur ihre Pauschalurteile des jeweiligen Verfassers als Inspiration zu nehmen.
Emotionen sind in diesem Kontext nahezu ausschließlich kontraproduktiv, da sie einen nur das lesen lassen, was man lesen möchte.