Debatte in Schweden: Wirtschaftsanktionen gegen Iran?

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Karsten
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Debatte in Schweden: Wirtschaftsanktionen gegen Iran?

Beitrag von Karsten »

Angesichts der wiederholten Gewalt gegen Demonstranten im Iran werden in Schweden jetzt Stimmen für verschärfte Sanktionen laut. Neben den bereits verhängten Sanktionen auf Waffengeschäfte plädieren manche Politiker nun auch für einen generellen Exportboykott. Die schwedische Wirtschaft träfe ein solcher Boykott allerdings hart: Vier Prozent des schwedischen Exports gehen zurzeit in den Iran. Doch manche wollen die Universalität der Menschenrechte über wirtschaftliche Interessen gestellt sehen.

Die schwedische Regierung hat sich in den vergangenen Tagen wiederholt den Vorwurf von iranischen Menschenrechtsgruppen gefallen lassen müssen, Schweden tue nicht genügend zur Unterstützung der demokratischen Kräfte in dem asiatischen Land. Eine Lösung könnten verschärfte Wirtschaftssanktionen sein, meint der Ökonom Ahmed Alavi. Er hat die schwedisch-iranischen Handelsbeziehungen über 20 Jahre lang verfolgt: „Sanktionen hätten einen großen Einfluss auf die iranische Wirtschaft. Und der Staat wäre gezwungen, sein Verhalten zu ändern. Schweden allein kann nicht so viel ausrichten, nur im Rahmen der EU. Die Hälfte des iranischen Imports kommt aus der EU. Abgesehen von den wirtschaftlichen Auswirkungen hätte ein Boykott seitens der EU großen Symbolwert.“

"Russland und China unterstützen Teheran"

Wenn Schweden nächste Woche den Ratsvorsitz der Europäischen Union übernimmt, dürfte die Frage nach dem Umgang mit dem Regime in Teheran weiterhin auf der politischen Tagesordnung stehen. Im vergangenen Jahr hat die EU bereits – im Einklang mit den Vereinten Nationen – Sanktionen für Waffenlieferungen in den Iran verhängt. Würden diese Sanktionen nun ausgeweitet, könnte der Einfluss Europas auf Iran einerseits zwar sinken, doch laut Wirtschaftsforscher Ahmed Alavi kann kein anderer Handelspartner an die Stelle der EU treten: „Russland und China werden versuchen, die Situation auszunutzen. Doch sie werden das Vakuum nicht füllen, das die EU hinterließe. Zudem importiert Iran viel Hochtechnologie aus Europa, da können weder China noch Russland mithalten.“

Der größte Anteil schwedischer Exporte in den Iran stammt aus den Automobil- und Telekommunikationsbranchen. Rund 15 schwedische Firmen sind im Iran ansässig, darunter Ericsson, ABB und Tetrapack. Sie tragen eine Mitverantwortung, meint Ahmed Alavi: „Für die EU ist es schwer zu beurteilen, welche Produkte von paramilitärischen Organisationen zur Niederschlagung der Demonstrationen benutzt werden könnten. Aber es ist die moralische Pflicht eines jeden Unternehmens, einen Exportboykott mitzutragen. Nur dann kann das Regime in Teheran gezwungen werden, die Unverletzlichkeit freier Wahlen anzuerkennen.“

"Ein Boykott träfe nur das Volk"

Doch die Friedennobelpreisträgerin von 2003, die iranische Menschenrechtlerin Schirin Ebadi, glaubt nicht an den Erfolg verschärfter Wirtschaftssanktionen. Diese, so fürchtet Ebadi, würden nur das gemeine Volk treffen. Eine ähnliche Ansicht vertritt die schwedische sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Maryam Yazdanfar: „Es ist zweifelhaft, ob das funktionieren würde. Die wenigen Informationen, die wir aus dem Iran erhalten, werden doch schließlich durch Technik wie Internet und Mobiltelefone übermittelt. Eine isolationistische Politik könnte den Iran noch verschlossener machen. Die Menschen könnten dann nicht mehr mit dem Rest der Welt kommunizieren.“

(Quelle: Radio Schweden)


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