Glaube ich dir gerne - hatte auch in der Wikipedia nachgesehen, aber auf der Seite stand (bzw. steht) es noch anders:
http://de.wikipedia.org/wiki/Euro-Kennzeichen
Die Regelung ist ja auch noch ziemlich neu.
Wenn du schreibst, dass die Einforderung eines EU-Parlamentsplatzes nicht berechtigt ist, zeugt das davon, dass du von den politischen Verhältnissen auf Åland absolut keine Ahnung hast, sorry!
Dafür wirfst du das eine mit dem anderen wild zusammen. Ich kann ja verstehen, dass du dich für Åland in die Bresche wirfst, aber das ganze erscheint mir als ein buntes Potpourri des Staatsrechts. Was du da beschreibst, ist eine Mischung aus dem Status der Kanalinseln und den Färöer. Beide sind jeweils kein Teil vom jeweiligen Mutterland, sondern ein eigenes Staatsgebilde unter einem gemeinsamen Staatsoberhaupt und gemeinsamer Außenvertretung. Die Färinger belassen in freier Entscheidung einen Teil ihrer Souveränitätsrechte bei Dänemark. Die Åländer hingegen haben diese Souveränität nie gehabt noch wurden sie ihnen jemals zugebilligt. Sie bekamen lediglich einige Garantien, um ihnen den Verbleib bei Finnland angenehm zu machen.
Was aber die Souveränitätsfrage angeht, gibt es keine Missverständnisse:
1. Suveräniteten över Ålandsöarna erkännes tillhöra Finland;
Die Åland-Inseln sind also ein Teil Finnlands, nicht ein Staatenverbund unter finnischem Dach, wie du es beschreibst. Laut finnischer Verfassung bildet es einen eigenen Parlamentswahlkreis bei den nationalen Wahlen und hat bestimmte Rechte in einem Autonomiegesetz - das wars dann aber auch schon. Zu einem echten unabhängigen Staat fehlt noch eine ganze Menge. Aus dem Recht, weite Teile der eigenen Angelegenheiten selbst regeln zu dürfen, ergibt sich nicht automatisch ein eigenes Außenvertretungsrecht. Natürlich kann Finnland einen seiner Plätze an Åland abtreten, aber eine Verpflichtung zu sehen ist doch schwer - sicherlich nicht auf Basis des Völkerbundsentscheids. Wenn es EU-Parlamentswahlkreise in Finnland gäbe, dann hätte Åland wohl einen - gibt es aber nicht. Auch aus dem Abhalten einer eigenen Volksabstimmung ergibt sich kein entsprechendes Recht. Selbst wenn Åland mit Nein gestimmt hätte, dann wäre der heutige Status vielleicht vergleichbar mit Gibraltar.
Laut meinen Recherchen hat zudem keines der autonomen Gebiete irgendeines EU-Staates das Recht, eigene EU-Parlamenarier zu bestimmen.
Die Seefahrt macht zwar einen Großteil (rund 33%) der åländischen Wirtschaft aus, aber dabei spielt der Zollfreiverkauf nur eine relative, insbesondere seitdem die Gelder daraus nach Schweden gehen und nicht mehr nach Åland. Viel mehr bringen die vielen Reedereien an sich ein, die ihre (Fracht)Schiffe auf den Weltmeeren fahren lassen. Dazu spielt der Tourismus eine nicht kleinere Rolle und natürlich noch die vielen kleinen mittelständischen Betriebe. Denn Åland braucht alles ... was sie sonst vom Festland (i. d. R. Schweden) holen müssten - Klemptner, Installateur, Elektriker, Transportunternehmen...). Diese 3 Pfeiler sind in etwa gleich groß.
Da frage ich mich aber, wie das zusammengeht. Åland hat eine extrem niedrige Arbeitslosigkeit, einen außerordentlich hohen Wohlstand und scheint von der Krise der internationale Seefahrt unberührt zu sein. Der tertiäre Sektor (Dienstleistungen etc.) ist normalerweise nicht der Antrieb der Wirtschaft, oder wie die Ökonomen sagen: "wir können nicht davon leben, uns gegenseitig die Haare zu schneiden".
Das Argument, dass die Gelder aus dem Fährenverkauf nach Schweden entschwinden, erscheint mir nicht ganz schlüssig. Zwei große Fährenreedereien haben schließlich ihren Sitz in Åland.
Laut dem Statistikbüro Ålands werden knapp 20% des BIP durch Banken und Versicherungen erwirtschaftet. Der allgemeine Erfolg der Ålandsbanken dürfte sich also auch im åländischen Staatssäckel bemerkbar machen.
Aus der offiziellen Statistik auch noch diese kleine Nebensache: das BIP per Kopf ist in Åland von ca. 30.000 € im Jahr 1995 auf knapp 40.000 € im Jahr 2006 gestiegen, und zwar inflationsbereinigt. Rund 2,5% effektives Wachstum pro Jahr - soweit ich das beurteilen kann, ist das sehr viel.
Ich komme selbst aus einem kleinen Land, das sich vom großen Nachbarn, mit dem man sich in einer gefühlten Zwangsehe befindet, oft übervorteilt fühlt. Doch muss man auf dem Teppich bleiben - bei aller Romantik für die Selbständigkeit weiß jeder im Grunde, dass man gemeinsam ganz gut fährt.