Sami kämpfen gegen die Ausbeutung der Natur
Verfasst: 1. März 2012 12:06
Das Interesse an der Ausbeutung der Bodenschätze in Schweden ist so groß wie nie. Allein 146 Bergbaukonzessionen sind zurzeit gültig. Wegen der anhaltend hohen Nachfrage nach Rohstoffen werden vielerorts weiter Bodenschätze wie Erz, Nickel, Kupfer, Silber und Gold erkundet. Die Zahl der Erkundungsanträge hat sich in den vergangenen acht Jahren nahezu verdoppelt, auf 1137. Gegen neue Grubenpläne in Schweden formiert sich nun vor allem in Kiruna und Jokkmokk samischer Protest.
Sami-Künstlerin Barbro Poggats hat ein dramatisches zweiteiliges Panorama-Gemälde gestaltet: Zunächst die heile Welt eines Rentierzüchters im Gebirge, in dessen Sonnenbrillengläsern sich die äsende Herde spiegelt. Darunter derselbe Platz, versehen mit Windrädern und einer Erz-Eisenbahn, in deren Waggons Schädel, samische Schlitten und Kunsthandwerk transportiert werden. Das alles flankiert von Museumsschautafeln. Wenn die Bergbaugesellschaft Kiruna Iron, im Gebirge um Kiruna nach Erzen schürft, würde die samische Kultur dort zerstört, meint die Künstlerin Poggats:
„Der eine Eisenbahnwaggon auf dem Gemälde ist voll mit Schädeln. Ich muss bei der ganzen Geschichte an Völkermord denken. Mir kommen einfach die Bilder von Massengräbern, die irgendwann entdeckt werden und man konstatiert, dass es hier ein Volk gegeben haben muss, die Sami. Ich kann mich dagegen nicht wehren. Wenn hier Erz abgebaut wird, wo heute noch unberührte Natur ist, dann verschwindet ein Teil meiner Geschichte, meiner Gegenwart und meiner Zukunft.“
Die Kunst erlaubt drastische Mittel um eine Debatte zu beleben, und Barbro Poggats hat des Öfteren mit drastischen Bildern auf sich aufmerksam gemacht. Gegen die Erzabbau-Pläne von Kiruna Iron hat sich eine Initiative gebildet, der sich auch die mächtige Gewerkschaft der Grubenkumpels Gruvtolvan angeschlossen hat.
Kolonialismus einst und jetzt?
Auch in Jokkmokk hat sich eine Protestbewegung formiert, die eine geplante Eisenerz-Mine verhindern will. Die Bergbaugesellschaft Beowulf Mining hat 18 Erkundungsgenehmigungen für Eisenerz, Gold und Uran. Rund um Jokkmokk hat die Firma allein sieben Genehmigungen. Die Eisenerzvorkommen dort waren bereits Carl von Linné bekannt, als er 1733 nach Lappland reiste, um Rohstoffvorkommen zu erforschen. An dieser Perspektive hat sich bis heute nicht viel geändert. Die Vorkommen in Kallak und Ruotevare lassen sich gut ausbeuten, dort kann man viel Geld einfahren, versprach Unternehmenschef Clive Sinclair Poulton kürzlich auf einem Kongress in Stockholm, und zeigt ein Foto der Gegend, die aus Wald und Sumpf besteht:
„Ich habe das hier in Großbritannien und Irland gezeigt, weil ich oft gefragt werde: Und was ist mit der Lokalbevölkerung? Dann zeige ich das Bild hier und frage: welche Lokalbevölkerung? Da wohnen schon Menschen in Jokkmokk, und die meisten sind positiv eingestellt, aber die Bevölkerungsdichte dort ist nicht sehr hoch.“
Diese Aussage hat viele Menschen in Jokkmokk wütend gemacht und den Protest noch mal angeheizt. Danach musste das Unternehmen Probebohrungen einstellen, weil es dafür keinen Arbeitsplan gab. Die Kommune unterstützt zwar die Pläne der Bergbaugesellschaft, und viele Einwohner versprechen sich neue Arbeitsplätze in der landschaftlich reizvollen, aber strukturarmen Region. Doch viele Künstler, Kleinunternehmer, darunter touristische Betriebe, und nicht zuletzt die samischen Rentierzüchter sehen die Gefahr, dass eine Grube die Natur auf immer zerstört. Der Fotograf Tor Lundberg hat die Bewegung „Keine Gruben in Jokkmokk“ mitgegründet und warnt vor den Folgen weiterer Nutzung:
„Wir haben den Energieproduzenten Vattenfall hier gehabt, als sie Wasserkraftwerke am Fluss Luleälv gebaut haben. Sie haben zwar Kompensationsleistungen gezahlt, aber das waren erbärmliche Summen, und die Natur rundum ist für mehrere Generationen zerstört. Und für die Wartung des Dammes holen sie nun keine Einheimischen, sondern Fachleute aus Italien. Und dann die Gruben mit undichten Dämmen, die Schadstoffe ins Wasser spülen. Von den vielen gigantischen Kahlschlägen in Norrbotten will ich gar nicht reden. Das alles hat einen einfachen Grund: Kolonialismus.“
Steht tatsächlich der Glaube an das Wirtschaftswachstum gegen den Schutz der Natur? Die Bergbauindustrie boomt seit Jahren. Die meisten Sami sind strikt gegen neue Bergwerke im Land. Und viele der Erkundungsgenehmigungen liegen in Sápmi, dem Land der Sami, das ihnen nicht gehört, das sie aber als Weideflächen für die Rentiere brauchen. Im südlichen Lappland nahe Tärnaby werden Nickelvorkommen erkundet, Lars Jonas Johansson kann einer Nickelmine nichts Positives abgewinnen.
„Sie würde uns Rentierzüchter nur negativ beeinflussen. Am meisten beunruhigt mich aber der Schadstoffausstoß einer Grube. Das würde ja nicht nur uns in der näheren Umgebung betreffen, sondern auch die Menschen längs des Flusses Umeälv bis in die Ostsee, sollte es zu Verunreinigungen kommen. Zudem besteht das Risiko, dass beim Nickelabbau Asbest freigesetzt wird. Mir erscheinen die langfristigen Folgen einfach zu hoch für 15 oder 20 Jahre Aufschwung.“
Samische Strategie
Das samische Parlament will auf seiner nächsten Sitzung in Tärnaby über eine Strategie beraten. Einstweilen versuchen es die Sami mit stiller Diplomatie. Sie wenden sich direkt an Investoren für Minenprojekte und weisen auf ihre Situation hin. Viele Geldgeber haben sich schon zurückgezogen, berichtet der Samische Rat. Eine andere Strategie ist, die Genehmigungsprozesse durch Einsprüche zu verzögern, so dass den Unternehmen das Geld ausgeht. Die Sami sehen sich nicht als Fortschrittsverhinderer, sondern als Wächter der Natur. Und schließlich lockt gerade das Touristen: unberührte Wildnis und sauberes Wasser, das man direkt aus dem Bach trinken kann.
(Quelle: Radio Schweden)
Sami-Künstlerin Barbro Poggats hat ein dramatisches zweiteiliges Panorama-Gemälde gestaltet: Zunächst die heile Welt eines Rentierzüchters im Gebirge, in dessen Sonnenbrillengläsern sich die äsende Herde spiegelt. Darunter derselbe Platz, versehen mit Windrädern und einer Erz-Eisenbahn, in deren Waggons Schädel, samische Schlitten und Kunsthandwerk transportiert werden. Das alles flankiert von Museumsschautafeln. Wenn die Bergbaugesellschaft Kiruna Iron, im Gebirge um Kiruna nach Erzen schürft, würde die samische Kultur dort zerstört, meint die Künstlerin Poggats:
„Der eine Eisenbahnwaggon auf dem Gemälde ist voll mit Schädeln. Ich muss bei der ganzen Geschichte an Völkermord denken. Mir kommen einfach die Bilder von Massengräbern, die irgendwann entdeckt werden und man konstatiert, dass es hier ein Volk gegeben haben muss, die Sami. Ich kann mich dagegen nicht wehren. Wenn hier Erz abgebaut wird, wo heute noch unberührte Natur ist, dann verschwindet ein Teil meiner Geschichte, meiner Gegenwart und meiner Zukunft.“
Die Kunst erlaubt drastische Mittel um eine Debatte zu beleben, und Barbro Poggats hat des Öfteren mit drastischen Bildern auf sich aufmerksam gemacht. Gegen die Erzabbau-Pläne von Kiruna Iron hat sich eine Initiative gebildet, der sich auch die mächtige Gewerkschaft der Grubenkumpels Gruvtolvan angeschlossen hat.
Kolonialismus einst und jetzt?
Auch in Jokkmokk hat sich eine Protestbewegung formiert, die eine geplante Eisenerz-Mine verhindern will. Die Bergbaugesellschaft Beowulf Mining hat 18 Erkundungsgenehmigungen für Eisenerz, Gold und Uran. Rund um Jokkmokk hat die Firma allein sieben Genehmigungen. Die Eisenerzvorkommen dort waren bereits Carl von Linné bekannt, als er 1733 nach Lappland reiste, um Rohstoffvorkommen zu erforschen. An dieser Perspektive hat sich bis heute nicht viel geändert. Die Vorkommen in Kallak und Ruotevare lassen sich gut ausbeuten, dort kann man viel Geld einfahren, versprach Unternehmenschef Clive Sinclair Poulton kürzlich auf einem Kongress in Stockholm, und zeigt ein Foto der Gegend, die aus Wald und Sumpf besteht:
„Ich habe das hier in Großbritannien und Irland gezeigt, weil ich oft gefragt werde: Und was ist mit der Lokalbevölkerung? Dann zeige ich das Bild hier und frage: welche Lokalbevölkerung? Da wohnen schon Menschen in Jokkmokk, und die meisten sind positiv eingestellt, aber die Bevölkerungsdichte dort ist nicht sehr hoch.“
Diese Aussage hat viele Menschen in Jokkmokk wütend gemacht und den Protest noch mal angeheizt. Danach musste das Unternehmen Probebohrungen einstellen, weil es dafür keinen Arbeitsplan gab. Die Kommune unterstützt zwar die Pläne der Bergbaugesellschaft, und viele Einwohner versprechen sich neue Arbeitsplätze in der landschaftlich reizvollen, aber strukturarmen Region. Doch viele Künstler, Kleinunternehmer, darunter touristische Betriebe, und nicht zuletzt die samischen Rentierzüchter sehen die Gefahr, dass eine Grube die Natur auf immer zerstört. Der Fotograf Tor Lundberg hat die Bewegung „Keine Gruben in Jokkmokk“ mitgegründet und warnt vor den Folgen weiterer Nutzung:
„Wir haben den Energieproduzenten Vattenfall hier gehabt, als sie Wasserkraftwerke am Fluss Luleälv gebaut haben. Sie haben zwar Kompensationsleistungen gezahlt, aber das waren erbärmliche Summen, und die Natur rundum ist für mehrere Generationen zerstört. Und für die Wartung des Dammes holen sie nun keine Einheimischen, sondern Fachleute aus Italien. Und dann die Gruben mit undichten Dämmen, die Schadstoffe ins Wasser spülen. Von den vielen gigantischen Kahlschlägen in Norrbotten will ich gar nicht reden. Das alles hat einen einfachen Grund: Kolonialismus.“
Steht tatsächlich der Glaube an das Wirtschaftswachstum gegen den Schutz der Natur? Die Bergbauindustrie boomt seit Jahren. Die meisten Sami sind strikt gegen neue Bergwerke im Land. Und viele der Erkundungsgenehmigungen liegen in Sápmi, dem Land der Sami, das ihnen nicht gehört, das sie aber als Weideflächen für die Rentiere brauchen. Im südlichen Lappland nahe Tärnaby werden Nickelvorkommen erkundet, Lars Jonas Johansson kann einer Nickelmine nichts Positives abgewinnen.
„Sie würde uns Rentierzüchter nur negativ beeinflussen. Am meisten beunruhigt mich aber der Schadstoffausstoß einer Grube. Das würde ja nicht nur uns in der näheren Umgebung betreffen, sondern auch die Menschen längs des Flusses Umeälv bis in die Ostsee, sollte es zu Verunreinigungen kommen. Zudem besteht das Risiko, dass beim Nickelabbau Asbest freigesetzt wird. Mir erscheinen die langfristigen Folgen einfach zu hoch für 15 oder 20 Jahre Aufschwung.“
Samische Strategie
Das samische Parlament will auf seiner nächsten Sitzung in Tärnaby über eine Strategie beraten. Einstweilen versuchen es die Sami mit stiller Diplomatie. Sie wenden sich direkt an Investoren für Minenprojekte und weisen auf ihre Situation hin. Viele Geldgeber haben sich schon zurückgezogen, berichtet der Samische Rat. Eine andere Strategie ist, die Genehmigungsprozesse durch Einsprüche zu verzögern, so dass den Unternehmen das Geld ausgeht. Die Sami sehen sich nicht als Fortschrittsverhinderer, sondern als Wächter der Natur. Und schließlich lockt gerade das Touristen: unberührte Wildnis und sauberes Wasser, das man direkt aus dem Bach trinken kann.
(Quelle: Radio Schweden)