Einmal durch den Sarek 2013 Teil 1

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Erny
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Einmal durch den Sarek 2013 Teil 1

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Vorbereitungen

Da ich letztes Jahr mit meinem rechten Knie durchaus größere Probleme gehabt habe, hatte ich mir dieses Jahr (2013) vorgenommen, einige Kompromisse einzugehen. Letztes Jahr wog mein Rucksack vor der Fahrt, als ich ihn auf die Waage stellte, 27,1 kg, wobei dann später noch 2 kg dazu kamen, sodass ich mit 29 kg + Kameraausrüstung losgelaufen bin. Dieses Jahr sollte es weniger werden.

Ich verzichtete dieses Jahr beim Schlafsack auf Isolierung, und nahm meinen alten Sommerschlafsack mit. Einsparung 700 Gramm.

Statt unterwegs Brot zu backen, nahm ich dieses Jahr auch für das Frühstück Trockennahrung, in Form von Pastagerichten, mit. Einsparung bei den Lebensmitteln ca. 500 Gramm, und außerdem konnte ich dadurch auf einen Liter Spiritus verzichten. Also ein weiteres Kilo weniger.

Ansonsten hatte ich noch vier Rollen Doppelkekse mit Schokoladenfüllung (a. 500 Gramm) und zwei Dosen Erdnüsse (a. 200 Gramm) mit. Das war das Gleiche wie im Jahr davor. Da war also nichts, mit sparen beim Gewicht.

Mit einigen anderen Kompromissen konnte ich insgesamt 3 kg einsparen, sodass der Rucksack, als ich ihn auf die Waage stellte, statt 29 kg, 27 kg schwer war. Das entsprach zwar nicht ganz den mathematischen Theorien von Adam Riese, belegt aber nur, dass es zwischen mathematischer Theorie und deren gelebter Praxis durchaus Differenzen geben kann.

Da ich aber auch bei mir selbst 1,5 kg eingespart hatte, konnte ich mein rechtes Knie auch in der Praxis um ca. 3,5 kg weniger belasten als im Jahr davor. Das linke Knie na klar auch.

Nachdem die Vorbereitungen abgeschlossen waren, machte ich mich also auf den Weg. Erst einmal ganz unspektakulär, den großen Rucksack auf dem Rücken, den kleinen Tagesrucksack mit dem Reiseproviant in einer Hand, über den Altstadthügel, am Holstentor vorbei, zum Bahnhof. Alles ganz ohne Karte, Kompass und ohne irgendwelche Pausen, außer mal an einer roten Fußgängerampel. Dann war ich auch schon im Bahnhof und ging dort, wie eigentlich jedes Jahr, zum Bahngleis 5, da genau dort, wie immer, der Zug in Richtung Norden abfahren sollte.

Der Zug kam auch, wie erwartet, und verließ auch pünktlich, mit mir als Passagier, den Bahnhof, in Richtung Puttgarden. Dort ging es mit der Fähre nach Rødby, und von dort weiter nach Kopenhagen. In Kopenhagen musste ich in den Zug nach Stockholm umsteigen, wo ich dann, dort angekommen, statt der geplanten 2 Stunden, insgesamt 10 Stunden auf den Nachtzug nach Gällivare warten musste. Aber letztendlich konnte ich dann doch in den Norden fahren.


12. August

Um 13:30 Uhr kam ich, nach einer etwas turbulenten Zugreise, mit dem Bus von Gällivare kommend, an der Bootsanlegestelle in Ritsem an. Da das Boot erst in einer Stunde fahren sollte, kochte ich mir erst einmal meine erste warme Mahlzeit auf dem Trangia, während unter Sonnenbestrahlung vor dem Áhkká ein Regenschauer herunter kam.

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Um 14:30 Uhr fuhr das Boot uns auf die Südseite des Sees und ich wanderte auf dem Padjelantaleden los. Das Wetter war toll, aber ich war müde, da die letzen beiden Nächte relativ schlaflos abgelaufen waren. Da ich fast nur im Halbschlaf ging, verschlief ich fast die große Brücke über den Vuojatädno. Bei der nächsten Brücke, die über den Bach, der vom Ahkkagletscher kam, ging, hatte ich genug. Ich baute mein Zelt auf und packte mich in meinen Schlafsack. Schon der Aufbau des Zeltes lief mehr routinemäßig, im Halbschlaf ab. Kaum war ich im Zelt, war ich auch schon weg. Erst nach 14 Stunden erblickte ich wieder das Licht des Tages.

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13. August

Trotz 14 Stunden Schlaf war ich immer noch ein bisschen angeschlagen. Die Zeiten, als man eine Nacht mal durchmachen konnte, und dann nur einfach den fehlenden Schlaf nachholen musste, um gleich wieder fit zu sein, sind schon lange vorbei. Leicht dicke Augen, aber ansonsten ging es. Auf der Wanderung genieße ich immer den gemütlichen Morgen. Keine Hektik, sondern alles wird schön in Ruhe gemacht. Dabei auch mit viel Pausen, einfach nur die Landschaft genießen, sich umschauen, gucken, durchatmen. In aller Ruhe gab es Frühstück, dann wurde in Ruhe gepackt. Es war schon fast 12 Uhr, als ich loswanderte, was mich aber nicht störte, und so zwischen 10:30 und 11:30 Uhr, bin ich dann eigentlich immer, während der ganzen Wanderung, erst los gekommen.


Der Weg ging ohne große Steigung weiter Richtung Süd-Westen. Ab und zu oberhalb der Baumgrenze, ab und zu in einem aufgelockerten Birkenwald. Links von mir war ständig, zumindest wenn ich oberhalb der Birken ging, das Ahkka-Massiv, immerhin, mit 2016 m, Schwedens achthöchster Gipfel, zu sehen. Auf einer Anhöhe, von der ich einen schönen Blick hatte, machte ich meiner erste Rast für heute.

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Kurz hinter der nächsten Brücke, als ich gerade in einem Birkenwald unterwegs war, kam mir ein Rentier entgegen, das irgendwie der Ansicht schien, er/sie hätte hier Vorfahrt und ich hätte zu weichen. Das Tier hatte vielleicht mal bei einem Elch gesehen, wie so was gemacht wird, und dachte, dass auch er hier einen auf dicken Max machen konnte. Erst als ich langsam auf ihn zuging, trottete es langsam zur Seite. Aber wirklich nur ganz langsam, richtig widerwillig und so, als ob er/sie eigentlich den eigenen Rückzug nicht einsah.

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Wurde es sumpfig, gab es die bekannten Holzbohlen. Noch war ich eben auf dem Pandjelantleden, nicht im Sarek.

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Gegen 16:00 kam ich dann langsam in einen Birkenwald, der an dem Abhang, wo es herunter zum Fluss Sjnjuvtjudisjåhka führte. Hier meldete sich zum ersten Mal ganz vorsichtig der Herbst an.

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Unten am Fluss ging ich über die Brücke und legte meinen Rucksack erst einmal an den drei Hinweistafeln, die für die drei Nationalparks, die hier aufeinandertreffen, stehen, ab.

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Hier, wo ich den Padjelantaleden verlassen wollte, gab es viele Trampelpfade, die grob in die Richtung führten, in die ich wollte, nämlich ins Sarek. Ich schaute mich erst einmal diesen Platz, der weitläufig war und eindeutig ein vielbesuchter Ort war, was man an Lagerplätzen sehen konnte, an und suchte dann den Trampelpfad, der ins Sarek führen sollte. Wie üblich verdaddelte ich dabei mit meiner Kamera wieder so viel Zeit, dass ich, als ich, nachdem ich den Weg gefunden hatte, noch einen wunderbaren Zeltplatz fand, beschloss gleich hier zu bleiben. Für heute reichte es mir, dass ich wusste, wo es morgen weiter ging. Ich baute daher in aller Ruhe mein Zelt auf, kochte mein Abendessen und schaute mir dann noch, mit meiner Kamera bewaffnet, die Gegend an. Dabei fiel mir so nebenbei ein, dass laut smhi.se es hier schon seit gestern regnen sollte. Meine Enttäuschung, dass das Wetter sich nicht an die Vorhersage hielt, hielt sich in Grenzen.

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14. August

Gegen 8:00 Uhr wachte ich frisch und munter auf. Inzwischen war es durchgehend bewölkt, aber immer noch trocken von oben. Mein Zeltplatz lag in dem Dreieck zwischen den Flüssen Sjnjuvtjudisjåhka, der von Osten aus dem Sarekkommt, und dem Sjpietjavjåhkå, der von Süden kommt, die westlich von mir beide zusammengestoßen und dann zusammen in den Vuojatädno münden, von dem ich gekommen war. Ich holte mir aus dem Sjpietjavjåhkå Wasser und machte mir mein Frühstück. Danach packte ich in aller Ruhe meine Sachen zusammen und machte mich auf den Weg ins Sarek. Gleich ging es kurz steil bergan. Es sah aus, als ob ich auf einer Stirnseite einer Moräne aufstieg.

Als ich oben war, stellte ich aber fest, dass es nur das übrig gebliebene Zwischenstück zwischen den beiden Flüssen war.

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Besonders der Sjpietjavjåhkå floss in einem tief eingeschnittenen Tal mit steilen Wänden. Der Fluss musste früher, zurzeit als die Eiszeit abschmolz, viel mächtiger als heutzutage gewesen sein. Oben angekommen ging der Weg relativ eben auf eine Ebene, auf der ab und zu mal ein paar Birken herumstanden. Der Weg war, auch wenn er nicht markiert war, wirklich leicht zu sehen und war angenehmer zu gehen, als viele markierte Wege, die ich schon im schwedischen Fjäll erwandert habe.

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Links, den Hang herunter, ging es herunter zum Sjnjuvtjudisjåhka, rechts, den Hang herunter, zum Sjpietjavjåhkå. Ich blieb oben auf dem Kamm. Da der Sjpietjavjåhkå aus dem Süden kam, wurde dieser schmale Grad bald zu einer großen Ebene breit.

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Dort oben fing es kurz an, leicht zu nieseln. Aber das reichte gerade um die Regenjacke anzuziehen und die Schirmmütze, zum Schutz der Brille, aufzusetzen, für den Rucksackregenschutz lohnten sich die paar Tropfen nicht. Nach ca. einer halben Stunde war der Spuck schon wieder vorbei.

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Der Weg ging südlich des Sjnjuvtjudisjåhka, Richtung Osten, ständig am Fluss längs. Nicht direkt am Ufer, aber der Fluss war immer in Sichtweite, während der Sjnjuvtjudisjåhka Richtung Süden verschwunden war und der Gisuris jetzt rechts von mir zu sehen war. Verlaufen war hier unmöglich. Zu weit nach links, und ich wäre den Rang herunter gerutscht und im Fluss gelandet, zu weit nach rechts, und ich wäre gegen den Gisuris gestoßen, was von mir sicher nicht unbemerkt geblieben wäre.

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Der Weg selbst war nicht besonders anspruchsvoll, gut ausgetreten, keine Wurzeln und Steine, die ein störten, sodass ich mich mehr auf die Umgebung, als auf den Weg konzentrierte. Bald musste ich feststellen, dass ich beobachtet wurde. Ein kurzer Blick in meine Richtung, etwas Gras rupfen, kauend mich wieder anschauen – und einfach stehen bleiben. Aber eigentlich sah er/sie mehr gelangweilt als besorgt aus.

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Rechts von mir blieb mir weiter das Gisuris-Massiv. Als ich zum Bach kam, der vom Gisuris-Gletscher herunterkam, machte ich eine längere Pause, die dann irgendwann, da dort ein wunderschöner Zeltplatz war, in den Aufbau des Zeltes überging.

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Wie schon den ganzen Tag, von dem kleinen Schauer gleich beim Aufbruch abgesehen, sahen die Wolken viel dramatischer aus, als sie dann feuchtemäßige Auswirkungen hatten. So genoss ich noch einen schönen Abend vor dem „Einzelzimmer mit Aussicht“, bei Pasta al Pomodoro-Mozzarella.

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15. August

Wie üblich war ich so gegen 8:00 Uhr wach geworden. Draußen war es durchgehend bewölkt, nur dort, wo die Wolken etwas dünner war, schimmerte etwas blau durch. Aber auch an dem Tag sah es nicht nach Regen aus, obwohl der Wetterbericht was anderes gesagt hatte. In der Nähe des Zeltes gab es einen größeren Stein, den ich zur Küchenzentrale erklärte. Nachdem ich mir aus dem Bach Wasser geholt hatte, begann ich mein Frühstück zu kochen und genoss den schönen Morgen mit Blick auf den Ahkka und den Gisuris.

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Nach dem üblichen, etwas länger dauerndem Packen, machte ich mich wieder auf die Socken. Der Weg war immer noch ein leicht zu gehender Trampelpfad, ohne Wurzeln, ohne Steine, ohne Sumpf. Besser als auf vielen Strecken auf dem Kungsleden oder dem Padjelantaleden.

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Erst als ich an der verfallenen Kisuriskåta vorbeikam, verfranste sich der Weg ein bisschen. Ab und zu gab es mal etwas sumpfige Stellen, die zwar keine großen Probleme darstellten, aber auf dem Padjelantaleden wären dort Holzbohlen ausgelegt, sodass man trockenen Fußes die sumpfigen Stellen hätte durchlaufen können.

Kurz hinter der verfallenen Kåta schwenkte der Trampelpfad dann Richtung Süden. Links vor mir ragte jetzt der Niják auf , der mir seinen 1922 Metern ganz imposant aussah, auch wenn sein Gipfel von einer Wolkenmütze bedeckt war, obwohl die Wolkendecke allgemein inzwischen wieder dünner geworden war, und auch viele blaue Flecken am Himmel zu sehen waren.

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Am ersten Bach, der mir hier, von der Ostflanke des Gisuris herunterkommend, begegnete, machte ich erst einmal eine ausgiebige Pause, inklusive "middag" mit einem Pastagericht. So viel Zeit muss sein. Und die Aussicht war super - auch mit Wolken am Himmel.

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Als ich nach dem Essen weiter wanderte, musste ich etwas an Höhe gewinnen, da es am Fluss längst etwas sumpfig wurde. Auch weiter oben gab es einige sumpfige Stellen, bei denen man schon mal bis zum Knöchel einsackte, aber, man kam trotzdem relativ gut voran. Teilweise kam ich bei den sumpfigen Stellen besonders schnell voran, da ich, wie ein Wasserläufer, versuchte so schnell wie möglich zu gehen, damit der Körper weniger Zeit hatte, im Sumpf einzusacken. Ab und zu verschwand der Trampelpfad, dann sah man ihn in weiterer Entfernung wieder. Groß verlaufen ging auch ohne sichtbaren Weg nicht. Links von mir war der Fluss, rechts von mir reihte sich eine Berghöhe nach der Nächsten. Ich musste mich nur im Tal halten, ohne aus Versehen durch den Fluss zu gehen. Was ich aber wohl gemerkt hätte.

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An einem kleinen Bach, der auf der Karte nicht eingezeichnet war, machte ich für heute Schluss. Hier gab es ein schönes Plätzen mit einer fantastischen Aussicht..

Für Leute mit Karte, zur Orientierung: Direkt westlich von mir war die Schneise des Sierggavágge.

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Da ich zeitig Schluss gemacht hatte, kletterte ich noch auf einen kleinen Hügel, um mir die Gegend auch einmal von oben anzusehen. Sah alles nicht schlecht aus.

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16. August

Schon in der Nacht deutete es sich an, dass der nächste Tag sehr schön werden würde. Es war so kalt geworden, dass mein Sommerschlafsack an seine Grenzen stieß, was klar hieß, dass der Himmel sich, wie sich ja schon am gestrigen Abend angedeutet hatte, aufgeklart hatte – und als ich aus dem Zelt kroch, wurde das bestätigt. An Frühstück war erst einmal nicht zu denken. Ich zog mich erst einmal schnell warm an und lief aufgeregt durch die Gegend. Wow – was für Ausblicke. Ich konnte mich gar nicht sattsehen, drehte mich immer nur im Kreis, um alles in mir aufzunehmen. Weit hinter mir lag der Ahkka unter blauem Himmel, mit einigen Wolken, die sich an seinen Gipfeln verzweifelt zu klammern schienen, um nicht ins blaue Nirwana verschwinden zu müssen.

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Ein Blick nach vorne, auch wenn am Horizont sich Wolken türmten, sah das alles wahnsinnig toll aus.

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Ich kriegte mich eine ganze Zeit gar nicht mehr ein. Entweder saß ich nur auf einem Stein und ließ still meinen Blick schweifen, oder ich ging im großen Bogen um mein Zelt, auf die nächsten Anhöhen und schaute immer nur, absolut hingerissen und weg, in der Gegend herum. Es dauerte wirklich eine ganze Zeit, bis ich mich so weit wieder gefangen hatte, dass ich mir aus dem Bach Wasser holen konnte, um mein Frühstück zu machen. Vorher nutzte ich die warmen Sonnenstrahlen noch schnell, um am Bach mal eine richtige Grundreinigung, von oben bis unten, durchzuführen. Egal wie kalt das Wasser war, die Sonne wärmte meine Haut, und dass das obligatorisch anwesende Rentier wohl noch nicht 18 Jahre alt war, störte mich nicht.

Nach dem Frühstück begann ich damit meine Sachen zu packen. Aber es dauerte. Immer wieder musste ich Pause machen, einfach nur so in der Gegend herumstehen, eine kleine Runde drehen und meinen Blick streifen lassen. Wow, wow, wow.


Wie wohl jeder schon ahnt, war es schon nach 12:00 Uhr, als ich endlich loskam. Aber 1. war ich nicht auf der Flucht und 2. wandere ich eigentlich nicht, weil ich unbedingt Kilometer abreißen will, sondern weil ich die Landschaft, die Ruhe und all das rundherum genießen möchte. Mich hat es an dem Tag sowieso gewundert, dass ich bereits kurz nach 12:00 Uhr loskam. Ich wäre da gerne noch sitzen geblieben und hätte einfach meine Augen streifen lassen. Ich hatte wirklich große Probleme mich von diesem Platz zu trennen.

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Auch wenn der Weg wirklich gut war, ohne größere Sumpfgebiete, ohne Wurzeln und Steine, kam ich nicht schnell voran. Es klappte einfach nicht. Immer wieder musste ich anhalten und meinen Blick streifen lassen. Auch nach hinten, und dann kann man eben nicht weitergehen. Ich kam an einer einsamen Renvagtstuga vorbei, an einem wunderschönen kleinen See und dann an dem Gletscher des Ruohtesmassivs. Alles war einfach nur beeindruckend, bombastisch - und dieses Wetter war dann noch die Kirsche auf der Sahne. Und der Weg war auch toll. Besser als der größte Teil vom Kungsleden oder Padjelantaleden.

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Am Nachmittag (na ja, ich bin ja auch erst gegen Mittag los gewandert), kam ich dann an den Fluss, der vom Gletscher des Ruohtes herunterkam. Hier war das erste Mal auf dieser Wanderung, dass ich einen Fluss regelrecht durchwaten musste. Das sah alles nicht sehr dramatisch aus, das Einzige, was etwas unangenehm war, war die Tatsache, dass das Gletscherwasser aussah wie stumpfes Aluminium. Man konnte keinen Millimeter ins Wasser sehen und daher nicht abschätzen, wie der Grund war, und wie tief die einzelnen Stellen waren. Ich zog meine Schuhe aus, meine Sandalen an, schnallte den Rucksack auf und tastete mich dann vorsichtig durch den Fluss. Der Fluss war nicht sehr reißend und auch nicht sehr tief, was man aber eben nicht unbedingt sehen konnte. Ohne Probleme am anderen Ufer angekommen, ging ich zurück, um eine Kamera und Wanderstiefel zu holen, die ich erst einmal dort gelassen hatte.

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Als das erledigt war, ließ ich mir meine Füße von der Sonne trocknen, während ich mir eine Kekspause gönnte. Dann ging ich weiter.

Immer noch ein schöner Weg, ab und zu verlor ich ihn aus dem Blick, aber fand ihn immer schnell wieder. Ab und zu gab es etwas Sumpf, aber nicht sehr dramatisch. Langsam wurde der Weg auch etwas steinig, aber auch das hielt sich in Grenzen, bis jetzt hatte ich, im Gegensatz zu letztem Jahr, keine Probleme mit meinem rechten Knie. Verlaufen ging sowieso nicht. Rechts waren Berge und links immer noch ein, wenn jetzt auch ein neuer, Fluss. Nämlich den vom Gletscher, den, den ich durchwatet hatte, der nach Südosten strömte (mein früherer Begleiter floss ja genau in die entgegengesetzte Richtung und ich hatte seine Quellbäche, kurz vor der Flussdurchwatung, hinter mir gelassen).

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Südlich des Boajsatåhkkåberges kam ein kleiner Bach, der auch in meiner Karte eingezeichnet war, aus einem Taleinschnitt hervor. Das Wetter war immer noch toll, auch wenn es wieder mehr Wolken gab. Es war immer noch mehr blau als grau am Himmel. Die Landschaft reizte geradezu hier zu sitzen bzw. ohne Rucksack durch die Gegend zu laufen. Gerade der Fluss, der links von mir mäandermäßig durch die Landschaft schlängelte. Ich machte am Bach eine kleine Keks- und Wasserpause, ließ meinen Rucksack dort stehen und ging herunter an den Fluss, um einige Fotos zu schießen. Unten lief ich am Fluss hin und her, sprang auf eine kleine Sandbank, um den Fluss sozusagen von mittendrin zu fotografieren und verdaddelte dort wieder eine ganze Menge Zeit.

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Irgendwann ging ich wieder dorthin, wo ich meinen Rucksack vermutete – wo er allerdings nicht lag. Ist musste ihn tatsächlich doch etwas suchen, bis ich ihn fand. Inzwischen war es so spät geworden, dass ein Weiterlaufen sich eigentlich nicht groß lohnte. Außerdem sollte der nächste Bach aus dem Gebirge von einem Gletscher kommen, und ich mag doch lieber klares Wasser zum Trinken, als alufarbiges Gletscherwasser. Und es gab hier auch einen schönen ebenen Zeltplatz, wenn auch direkt am Weg, sodass eine der Zeltabspannleinen, direkt am Wegrand in den Boden geschlagen werden musste. Aber das war nun wirklich nicht tragisch.

Was für ein Tag das doch gewesen war. Einfach nur super. Auf einer Skala von 0 bis 10, mindestens eine 12.

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17. August

Wie man schon auf den letzten Fotos des Vortages sehen konnte, war doch zum Ende des Tages die Bewölkung wieder dichter geworden. Ich war noch nicht lange im Schlafsack, da fing es an zu nieseln, und bis Mitternacht war daraus ein ausgewachsener Sturzbach geworden, als ob ich mein Zelt unter einem Wasserfall aufgebaut hatte.

Auch am Morgen hörte es nicht auf zu regnen. Es wurde nicht einmal weniger, sondern blieb konstant. Nachdem Petrus wohl die letzten drei Tage, obwohl es hätte regnen sollen, sich an die Vorgabe von smhi.se nicht gehalten hatte, wollte er wohl jetzt alles nachholen. Irgendwann zog ich meine Regenjacke an und lief zum Bach, um Wasser für Pasta und Tee zu holen. Der Bach, über den man gestern noch mit einem großen Schritt hätte drüber steigen können, war richtig über die Ufer getreten. Heute hätte man sich schon etwas abseits eine Stelle suchen müssen, um von Stein zu Stein übersetzen zu können. Wieder im Zelt machte ich mir erst einmal Frühstück, um dann weiterzusehen. Wobei der Himmel durchgehend dunkel war, und kaum auf große Besserung zu hoffen war. Nach dem Frühstück holte ich also mein Buch hervor, machte es mir bequem und begann zu lesen, was ich dann auch den ganzen Tag tat.

„Michael der Finne“ ist ein nicht gerade sehr bekanntes Buch und erzählt die Verfehlungen und Irreführungen von Michael aus Finnland, der schon früh, durch den Überfall der Dänen auf seine Heimatstadt Abo, Waise wurde, zu Spionagediensten an die Dänen verführt, den Blutsonntag in Stockholm miterlebte, zurück nach Finnland, dann von dort fliehen musste, in Paris studierte, in Deutschland ausgeraubt, zum Sterben liegen gelassen, von einer Frau gerettet, die geheiratet, miterleben müssen, wie sie als Hexe verbrannt wurde, dann in die Auseinandersetzungen der Bauernkriege hineingeraten ist, in die Auseinandersetzung des französischen Königs mit dem deutschen Kaiser hineingeriet und letztendlich mit den kaiserlichen Truppen, er als Arzt, nach Rom zog und dort die Plünderung von 1527 miterlebte. Also auch ein Mensch, der auf Wanderschaft war. Das Buch ist nicht mit Aktion beladen, eher ruhig und wer Mika Waltari kennt (Sinuhe der Ägypter war ein Welt-Bestseller) weiß, dass er so erzählen kann, als ob er irgendwo, in vertrauter Runde, am Kamin sitzt, gedankenverloren ins Feuer starrt und dabei den Anwesenden einfach seine Lebensgeschichte, was er alles erlebt und auch falsch gemacht hat, erzählt.

Ich hatte das Buch schon einmal auf einer Wanderung mit – und man konnte damit gut den Tag verbringen.

Anscheinend wollte heute keiner wandern, oder es war gerade heute niemand in der Nähe. Ich zeltete direkt am Weg, eine Abspannleine war direkt am Wegesrand eingeschlagen. Wäre jemand vorbeigekommen, hätte er wohl zumindest mal laut Hallo gerufen. Vermute ich zumindest einmal. Und Schritte hätte man sicher auch gehört.


Irgendwann am Nachmittag stolperte doch jemand über die Abspannleine. Da ich aber nicht einmal einen Fluch hörte, wurde ich neugierig und schaute aus dem Zelt. Etwa zwei Meter hinter dem Zelt sah ich das Hinterteil eines Rentiers. Er schien mitbekommen zu haben, dass hinter ihm was passierte und drehte – ganz langsam - den Kopf zu mir und schaute mich strafend, wohl wegen der Abspannleine, an, ohne sich ansonsten zu bewegen. „Guck nicht so beleidigt. Hättest ja auch einen Meter weiter Abstand halten können. Ist ja genügend Platz“, knurrte ich. Da drehte es, nach einem weiteren Moment mich schweigend anschauend, genauso langsam den Kopf wieder nach vorne, rupfte etwas Gras und ging langsam weiter, ohne sich weiter um mich zu kümmern.

Tja – das war mein, schon am Anfang des Berichtes genannter Lesetag. Der einzige Tag, von dem man wirklich behaupten konnte, dass er total verregnet war. Ab und zu ging ich noch mal zum Bach und holte mir neues Teewasser, ab und zu stellte ich mich in den Regen und leistete auch meinen Beitrag zur Bewässerung des Bodens. Abends gab es noch einmal Pasta und das war es dann auch für den Tag.Wie sich noch herausstellte, war an dem Tag nicht nur das heruntergekommen, was in den letzten Tagen schon hätte herunterkommen sollen, sondern es hatte auch gleich für die nächsten Tage vorgeregnet. Denn am nächsten Morgen war der Spuk schon wieder vorbei, und bis auf einer weiteren Regennacht, die dann gleich darauf folgte und bis in den Vormittag ging, war es das dann auch mit größeren Wassermengen von oben während der ganzen weiteren Wanderung. Die paar Tropfen, die ich dann noch in den späteren Tagen erlebte, sind wirklich nicht erwähnenswert. Und solange es kein Dauerzustand wird, ist so ein fauler Lesetag auch was ganz Nettes. Es war also kein verlorener Tag gewesen.

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18. August

Am Morgen war es wieder im Schlafsack kalt geworden. Ich brauchte somit gar nicht hinauszuschauen, um zu wissen, wie der Himmel aussah, tat es aber trotzdem. Und siehe da, es war gut, wie es war. Ich brauchte, um wieder warm zu werden, nur darauf warten, dass die Sonne endlich über den Berg kam.

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Zwischendurch holte ich schon einmal Wasser und machte mir mein Frühstück.

Nach dem Frühstück musste ich dann doch noch mal mit meiner Kamera los, um die tolle Gegend zu fotografieren. Der Himmel war toll blau und die Landschaft musste einfach auf die Speicherkarte gebannt werden.


Nach dem Frühstück, das Zelt stand inzwischen nicht mehr im Bergschatten, kam das übliche Herumrödeln und Packen. Ich wollte gerade los, da kam dann noch einmal das ganz große Schaulaufen. Primadonnenhafter ging es in Paris oder Mailand sicher auf den Laufstegen der Modeshows auch nicht zu.

1. Ein auf neugierig machen.

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2. Ein auf gelangweilt machen und ein bisschen Gras rupfen.

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3. Dann die fotogene Seite zeigen.

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4. Gras zupfend, als ob unsereins völlig unwichtig ist, näher kommen.

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5. Direkt vor mir (kaum zwei Meter von mir entfernt) noch mal einen Happen nehmen.

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6. Und dann einen leichten Schwenker nach rechts, und in einer Entfernung von zwei Metern an mir vorbei und hinter mir, ohne sich noch einmal nach mir umzudrehen, langsam weg schlendern. So als ob ich nur ein Felsen im Weg war, den man einfach mal so umgeht, ansonsten aber ignoriert, weil er einfach zu unwichtig ist.

Ich will ja nichts sagen, aber ich habe eigentlich Rentiere immer als etwas scheue Wesen erlebt. Hier im Sarek sind sie eindeutig, neugierig, hochnäsig und leicht arrogant. Als ob sie, nur weil sie Sarekrentiere sind, etwas Besonderes sind.


Da ich hier sowieso nicht weiter beachtet wurde, man mir nicht einmal den Respekt entgegen brachte, der mir, da ich doch eindeutig auf der Nahrungskette oberhalb eines Rentiers stehe, wohl zustand, auch wenn ich nur ein Taschenmesser dabei hatte, machte sich doch das tägliche Pasta essen in meinem Kopf mit der Zeit bemerkbar und die Rentierkeule erschien mir sehr verführerisch, machte ich mich auf den Weg.

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Der Weg war immer noch sehr gut, auch wenn er jetzt doch öfters mal sumpfig wurde, und auch etwas steiniger und unwegsamer. Wurde es sumpfig, ging es im schnellen Schritt über die Fläche, damit ich nicht einsackte.

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Am frühen Nachmittag kam ich dann an der Wegkreuzung Skarja an, wo diverse Sarektrampelpfade zusammentrafen und gleich hinter der Mikkastugan einer der beiden Brücken im Sarek vorhanden war. Ich hatte Glück, dass ich von Westen kommend die Brücke erreichte. Von meiner Seite war es erlaubt, mit so vielen Leuten, wie man wollte, gleichzeitig über die Brücke zu gehen. Nur wer von der anderen Seite kam, wurde durch ein gelbes Warnschild darauf hingewiesen, dass nur eine einzige Person zur gleichen Zeit über die Brücke durfte. Warum die statische Belastung, von meiner Seite kommend, unbedeutend war, entzog sich allerdings meinem Verstand.

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Kurz hinter der Brücke kam ich an einen schönen großen Stein vorbei, der geradezu zum „middag“ einlud. Also gab es heute auch mal wieder unterwegs Pasta. Ich war gerade mit dem Kochen fertig und fing genüsslich an zu kauen, als mir eine Gruppe von vier Wanderern entgegen kam. Ein kurzes Hallo, und sie waren vorbei. Meine Pasta hätte ich sowieso nicht geteilt.

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Inzwischen war das mit dem blauen Himmel im Großen und Ganzen wieder vorbei, aber es sah nicht nach Regen aus. Die Wolken schafften es eigentlich nur, die Fotos etwas dramatischer aussehen zu lassen.

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Frisch gestärkt ging ich weiter und kam dann kurz darauf zu meiner zweiten Flussdurchwatung. Im Grunde noch weniger dramatisch als meine Erste, allerdings war die Stelle, wo die Strömung am reißesten war, gerade ein relativ flacher großer Stein, der durchaus hätte sehr glatt sein können, und sollte ich da ausrutschen, nach rechts doch schnell bergab fallen, was vielleicht nicht so lustig geworden wäre.

Also – Stiefel aus, Sandalen an, Rucksack wieder aufgesetzt und vorsichtig rüber. Der Fußhalt auf dem Stein war doch gut. Ich also wieder zurück, Stiefel und Kamera abgeholt, und dann erst einmal eine kleine Pause zum Füße trocknen eingelegt. Noch einen kräftigen Schluck aus dem Bach, wenn man denn schon mal da war, und schon ging es weiter. Die Kekse blieben um Rucksack. Ich hatte ja gerade eine vollwertige Mahlzeit zu mir genommen.

Grob gesehen nach weiteren zwei Kilometern kam die nächste Flussdurchwatung. Die sah schon sehr viel interessanter aus, obwohl die steilen Abhänge daraus schließen ließen, dass während der Schneeschmelze im Frühling und Frühsommer sogar noch viel mehr Wasser dort herunterkommen würde.

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Der Fluss war breiter, als der Fluss, über den ich gerade gesetzt hatte, er war viel reißender und das Wasser war wieder Gletscherwasser, also stumpf alufarbig, sodass man keinen Grund sehen konnte. Man sah nur, wie das Wasser gegen unterirdische Felsen prahlte und aufwirbelte. Hier lief ich doch erst einmal, nachdem ich den Steilhang heruntergestiegen war, am Fluss längs, um eine Stelle zu suchen, die mir nicht ganz so bedenklich aussah. Letztendlich entschied ich mich für eine Stelle, die schon oberhalb des Steilhangs durch ein Steinmännchen markiert worden war. Also Schuh aus, Sandalen an, Rucksack wieder auf, und die erste Hälfte, bis zu einer kleinen Geröllhalde, die eine längliche Insel bildete. Den leichteren Part hatte ich damit hinter mir, der zweite Teil sah aber noch reißender aus. Wohlgemerkt, man konnte auch nicht durch das Wasser sehen. Nur da, wo das Wasser, unter der Wasseroberfläche, gegen einen Felsen prahlte, sah man, dass da ein Felsen war, wie es neben dem Felsen aussah, war nicht zu sehen. Wie sich herausstellte, reichte das Wasser teilweise bis zu den Knien, wobei die Strömung einen erheblichen Druck ausübte. Langsam tastete ich mich, Schritt für Schritt hinüber und kletterte den steilen Abhang hoch. Dort legte ich meinen Rucksack ab und ging zurück, um meine Kamera und die Stiefel zu holen. Wer sich fragt, warum ich diese Sachen nie beim ersten Mal mitnahm, dem sei gesagt, dass ich mich einfach wohler fühlte, wenn ich, mit dem Rucksack auf dem Rücken durch die Strömung tastete, ich nicht noch vor meiner Brust eine Kamera und die Stiefel herumschlenkern haben wollte. Ich konzentrierte mich auf das, was unter meinen Füßen zu fühlen war, gegen welche Felsen ich stieß und auf das Gleichgewicht, mit meinem Rucksack auf dem Rücken. Das reichte. Finde zumindest ich.

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Wieder auf der Zielseite angekommen, die obligatorische Fußtrocknung hinter mir, ging ich erst einmal, ohne Rucksack, flussaufwärts zum Wasserfall, um einige Fotos zu schießen. Mit ein bisschen Klettern und schauen war dann wieder so viel Zeit vergangen, dass ein Weitergehen sich eigentlich nicht lohnte. Außerdem kamen die ersten Wolken auf, die wirklich wieder ernsthaft nach Regen aussahen. Jetzt vielleicht noch eine Stunde weitergehen, länger wäre es sowieso nicht geworden, machte keinen Sinn. Also schlug ich mein Zelt auf, holte mir Wasser aus einem kleinen Bach, der in der Nähe vom Berg herunterkam und, im Gegensatz zu dem Wasser des Flusses klar war, und machte mir es gemütlich. Bereits das Kochen passierte „indoors“, da es dann auch schon anfing zu regnen.

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Bis ich mich in den Schlafsack kuschelte, war aus dem bisschen Regen wieder ein richtiger Wasserfall geworden. Mal sehen, wie es morgen aussehen würde.

Morgen sollte dann auch der Teil der Wanderung beginnen, wo ich den unmarkierten Weg verlassen würde und quer feldein weiterziehen wollte. Mal sehen, was das werden würde.

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19. August

Die ganze Nacht hatte es, wie aus Eimern, geregnet. So gegen 9:00 Uhr quälte ich mich aus dem Schlafsack, zog ich mir dann meine Regenjacke an und holte mir erst einmal Wasser für Tee und Pasta. „Indoor“ kochte ich mir erst einmal ein ordentliches Frühstück. Nachdem Frühstück schaute ich mir das alles mal draußen an. Es regnete immer noch stark, aber von der Seite, aus der die Wolken kamen, wurde es am Himmel langsam heller. So packte ich „indoor“ erst einmal mein Rucksack. Als dieser gepackt war, war der Regen schon viel geringer, sodass ich endgültig aus dem Zelt kroch und das Zelt auch zusammenpackte. Als alles fertig war, ging ich im Regen los, während der Himmel schon hinter mir die ersten blauen Stellen aufzeigte. Hier am Zeltplatz gabelte sich der Weg. Leicht nach Süden ging es Richtung Rapadalen, weiter gen Osten zur Pielastugan, wohl auch eine Rentierwächterhütte. Bis zu der Hütte wollte ich aber gar nicht mehr auf dem Weg gehen, aber erst einmal war es dies noch meine Richtung. Ich war noch nicht lange unterwegs, da war von den Wolken schon gar nichts mehr zu sehen. Die Sonne schien wieder von einem schönen blauen Himmel.

Ich genoss also mal wieder bestes Wetter und, neben schönen Aussichten nach vorne, auch die Aussicht in andere Richtungen, besonders die tolle Aussicht hinunter in den Einschnitt, der ins Rapadalen führte, wohin ich selbst ja gar nicht gehen wollte. Ich wollte ja, vor dem ganz am linken Rand zu sehenden Berg (nächsts Foto) links abbiegen, ....

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.... und zwar ungefähr nach ca. 2,5 km, an einer Stelle, an der ich an einen Bach stoßen sollte, der von Westen nach Osten fließen würde. Dort wollte ich den Weg verlassen. Als ich an dem besagten Bach kam, war um mich herum schon fast nur noch blauer Himmel. Da das Frühstück schon etwas länger her war, machte ich gleich mal eine Pause, nahm meine Wasserflasche und ein paar Kekse in die Hand und ging so gemütlich durch die Gegend, mal südlich, mal nördlich vom Bach, und schaute mir fasziniert die Gegend an. Ich fand einen gemütlichen Stein, setzte mich auf ihn und machte dort erst einmal Pause von der Pause und genoss einfach die Landschaft. Irgendwann kam ich dann auch auf die Idee, das doch einmal alles auf die Speicherkarte zu fassen. Ich ging zurück zum Bach, suchte dort meinen Rucksack – irgendwo nördlich vom Bach musste er ja liegen - und als ich ihn gefunden hatte, machte ich, jetzt mit der schussfertigen Kamera, in aller Ruhe die gleiche Runde noch einmal. Die Aussicht war einfach toll. Richtung Süden der Einblick in das Rapadalen, zurück, Richtung Westen die Bergformationen, an denen ich in den letzten Tagen vorbeigegangen war. Nur meinen See, den Bierikjávratja, an dessen Westküste ich nach Norden wandern wollte, war noch durch den Berg, nördlich von mir, den ich an der Südflanke, Richtung Osten und dann nach Norden noch umwandern musste, bedeckt. Ich speicherte ein oder zwei Filmrollen auf meine Speicherkarte und merkte dann, dass ich schon gute zwei Stunden hier an diesem Platz so durch die Gegend gegangen war. Da wurde es schon wieder Zeit für eine kleine Kekspause, die ich diesmal aber auf einem Stein sitzend verbrachte, und die tolle Aussicht von dort, still vor mich hinkauend, genoss.

Im Grunde war es erschreckend, wie schnell hier die Zeit verging. In Lübeck mal zehn Minuten auf den Bus warten, dauerte länger, als hier mal so zwei Stunden einfach mal die Gegend zu genießen.

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Auch wenn es hier sehr schön war, raffte ich mich dann doch noch einmal auf, schnallte meinen Rucksack auf den Rücken und ging weiter. Mindestens einen Bach weiter wollte ich noch kommen, um direkt da in der Nähe des Sees zu zelten. Ich marschierte also los, jetzt ohne Weg. Aber auch ohne Weg ließ es sich angenehm gehen. Der Boden war ziemlich eben und verlaufen konnte ich mich auch nicht. Links von mir war der Berg und rechts von mir hatte sich der Fluss in eine kleine Seenlandschaft verwandelt. Zwischen diesen beiden Hindernissen musste ich nur so lange grob Richtung Nordosten laufen, bis ich an den See stieß. Dann würde es nur noch heißen, nach den nächsten Bach suchen.

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Hinter dem nächsten Hügel sah ich dann erst einmal den See. Wow. Der sah aber giftig aus, oder genauer so voller Mineralien, dass er aussah, als ob man auf diesen schon kauen würde, wenn man einen Schluck nehmen würde. Das Wasser sah nun nicht gerade schmackhaft aus, aber die Aussicht war mal wieder bombastisch. Da musste ich erst einmal wieder Pause machen, schauen und dann auch mal wieder die Kamera benutzen. Die Aussicht Richtung Südende des Sees und zu dem Gletscherfluss, der mäandermäßig auf der Ostseite des Sees herunterkam, waren mal wieder der reine Wahnsinn.

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Und auch über mir sah es bombastisch aus. Direkt über mir zog eine dunkle Wolke von Ost nach West, dahinter war der Himmel schon wieder blau. Aber von Westen kam Richtung Osten ziehend, also genau in entgegengesetzter Richtung – weit oberhalb der anderen Wolkenschicht – eine andere dunkle Wolke, die in kürzester Zeit den ganzen Himmel bedecken würde. Da oben schien ein ziemliches Durcheinander bei den Windrichtungen zu herrschen.

Da es mit der Wolke, die von Westen kam alles sehr dunkel aussah, machte ich mich, nach dem ich mich sattgesehen und satt-fotografiert hatte, auf den Weg, um an den von mir ausgesuchten Bach zu kommen. Dort fand ich ein schönes Plätzchen zwischen zwei Bacharmen. Schnell baute ich mein Zelt auf, da die dunkle Wolke Regen brachte. Kaum war ich mi dem Zeltaufbau fertig, fing es auch schon an zu plattern. Aber das war egal. Ich wollte ja heute sowieso nicht weiter. In einer Regenpause holte ich mir Wasser vom Bach und ging, da es weiter trocken blieb, noch mit der Kamera eine Runde. Die Landschaft war einfach super.

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20. August

Wasser für Tee und Pasta musste ich mir noch im Regen holen. Aber schon während ich „indoor“ kochte, hörte es auf zu regnen und die Sonne kam zum Vorschein. Als ich zum Packen aus dem Zelt kroch, empfing mich allerdings ein kalter Wind. Auch wenn es nicht nach Regen aussah, behielt ich, als Windschutz, meine Regenjacke an. Nach dem Frühstück begann ich zu packen, um dann auch loszukommen.


Den Weg gab es jetzt nicht mehr und die Gegend wurde auch unebener. Ich ging zwischen Berg und See an einem Hang längs.Oft sumpfig und steinig. Wenn am Hang eine ebene, waagerechte Fläche kam, war sie auch gleich sehr sumpfig, da sich dort das Wasser sammelte. Zwischendurch blieb ich immer wieder stehen, um mich einfach umzuschauen. Besonderes das mir gegenüberliegende Ufer hatte es in sich und der Blick nach vorne. Die Ausblicke waren einfach zu gut.

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An der steilsten Stelle des Hangs lag eine riesige Geröllhalde, die den Weg versperrte. Man konnte sicher über die Felsblöcke hinüberklettern, aber dabei konnte man auch schnell zwischen die Spalten rutschen und sich sonst was dabei brechen. Immerhin waren die Steine noch von dem Regen der Nacht an der Oberfläche feucht und rutschig. Ich hatte dort die Wahl, entweder die Geröllhalde oberhalb zu umgehen, oder direkt am Ufer, wo die Geröllhalde auch nur sehr schmal war. Ich entschied mich für die Strecke am Ufer. Ich war wohl nicht der Erste, der sich dafür entschieden hatte, denn man konnte ab und zu einen schmalen Trampelpfad sehen. Teilweise musste ich dabei auf Steine ausweichen, die schon richtig im See lagen. Wäre ich gestolpert, wäre wohl ein Bad fälllig geworden. Hinter der Geröllhalde ging es, wie vorher weiter. War es eben, war es sumpfig, ansonsten immer am Hang längs. Trotzdem kam ich gut voran und auch mein rechtes Knie fing auch nicht an zu meckern. Puh - wenn ich so daran zurückdachte, wie ich letztes Jahr durch die Gegend gehumpelt bin.


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Ich war schon fast am Nordende des Sees, da kam mal wieder ein großes Schaulaufen.

1. in der Ferne ein bisschen Gras knabbern,

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2. dann schauen und langsam etwas näher kommen,

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3. wieder ein bisschen knabbern,

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4. noch mal etwas näher kommen, direkt auf mich zu,

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5. leicht nach rechts schwenken,

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6. mich umgehen,

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7. ohne noch einmal zurückzublicken, sich langsam entfernen.

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Am Ende des Sees machte ich an einem Bach erst einmal eine Kekspause.

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Nach der Pause hielt ich mich ziemlich dicht an dem Fluss, der aus dem Birikjávrre kam und in einem Mischmasch aus Fluss und kleiner Seen Richtung Nord-Ost floss. Dabei gelang ich in eine ziemlich sumpfige Gegend, sodass die Wanderung doch etwas mühsam wurde. Ich hatte die Wahl hier unten, dicht am Fluss, weiter zu gehen, oder weg vom Fluss, auf höheres Gelände. Erst einmal blieb ich aber in der Nähe vom Fluss und machte einige beeindruckende Fotos vom Gletscher, der rechts von mir im Ahpármassiv war.

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Dann wandte ich mich aber doch weg vom Fluss berghoch, um zwischen den Erhöhungen Vuojnesvárasj und Vuojnesskájdde, wo es ein steiles Zwischental gab, durchzugehen, um ins nächste Tal zu kommen. Die Aussicht von da oben war mal wieder bombastisch.

Einmal ein Blick zurück,

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einmal nach vorne ins nächste Tal.

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Von dort ging ich herunter bis zum nächsten Bach. Dort warteten viele schöne Zeltplätze auf mich, sodass die Wahl richtig schwierig wurde.

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So, da die Zeichenmengen begrenzt sind, folgen die weiteren Tage der Wanderung in dem Bericht Teil 2.


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Bessy
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Re: Einmal durch den Sarek 2013 Teil 1

Beitrag von Bessy »

Hej Emy,
mit Begeisterung habe ich den 1. Teil der Sarek- Wanderung gelesen. Du schreibst spannend und die Bilder sind einfach toll. Der Weg sieht so einfach aus, aber ich weiss auch wie viele Steine da im Weg liegen können. Schlechtes Wetter gehört einfach dazu, es kommt auch wieder Sonnenschein. Ich habe eine Wanderkarte vom Sarek und da verfolge ich deine Tour. Den 2. Teil werde ich morgen lesen. LG Bessy :wink:


Gruß Bessy :puppy:
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Re: Einmal durch den Sarek 2013 Teil 1

Beitrag von Erny »

@ Bessy

Der Weg war auch wirklich einfach. Ich war 2013 selbst überrascht, wie toll er zu laufen war. Da ist der Weg bei Sylarna und Helags, den du ja kennst, wirklich viel anstrengender. Auch der Padjelantaleden und Kungsleden sind an vielen Stellen wirklich schlimmer.

Aber ich bin 2015 wieder durch das Sarek gegangen, diesmal aber dann nördlich vom Berg Niak weiter, also das Sarekmassiv an der Nordflanke längs gegangen und dann in den Stora Sjöallet Nationalpark rein, da sah es schon anders aus. Und von Kvikkjokk oder durch das Tal des Ráhpaädno kommt das Sarek auch auf seinen Ruf. Die Wanderung von 2015 kommt auch noch hier rein. Aber erst einmal werde ich noch 2014 rein bringen. Irgendwann in den nächsten Tagen.


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Bessy
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Re: Einmal durch den Sarek 2013 Teil 1

Beitrag von Bessy »

Freue mich schon darauf. Aber morgen kommt erst Teil 2 dran. Du hast ja viele Wanderungen gemacht, habe auf deine Seite geschaut. Die Berichte sind interessanter als das Fernsehen. Das Deutsche wie das Schwedische.


Gruß Bessy :puppy:
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